Personalisierte Tickets: Kopflos durch die Wand

Wer in ein Fussballstadion gehen will, soll künftig seine ID zeigen müssen. Das ist jedenfalls die Idee der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD). Beschlossen hat sie diese letzten Freitag im Alleingang. Es ist die nächste Umdrehung der Repressionsschraube, an der die KKJPD derzeit mit grossem Einsatz und wenig Augenmass dreht.

Letztes Jahr hat die Konferenz bereits ihr «Kaskadenmodell» vorgestellt, nach dem bestimmte Vorfälle mit vordefinierten Strafen geahndet werden sollen. Das Modell sieht unter anderem Geisterspiele und Schliessungen von Fankurven vor. Die Swiss Football League (SFL) lehnt die Praxis ab, sie sei«einseitig und unverhältnismässig». Die KKJPD will das Kaskadenmodell dennoch bereits diesen Sommer einführen. Eingeübt hat sie es schon in der laufenden Saison: Als Reaktion auf Ausschreitungen wurden von Lausanne über Zürich bis nach St. Gallen Kurven geschlossen. Gebracht hat es wenig, die Fans kauften sich einfach Tickets für andere Sektoren.

Vor zwei Jahren hatten die kantonalen Polizeidirektor:innen gemeinsam mit der SFL den Bericht «Biglietto+» veröffentlicht, der verschiedene Ansätze gegen Fangewalt analysiert. Dafür wurden Sicherheitsbehörden, die SBB, die Liga, verschiedene Klubs und auch Fans befragt. Während Deeskalationsstrategien und der Ausbau der Fanarbeit als sinnvoll erachtet werden, landete die Beschränkung von Gästesektoren zuoberst auf der Liste der sinnlosesten Massnahmen – gefolgt von personalisierten Tickets.

Deren Befürworter:innen hoffen darauf, dass potenzielle Krawallmacher:innen erst gar nicht mehr ins Stadion gehen werden. Die Gegner:innen betonen, dass es vor allem abseits der Stadien zu Ausschreitungen kommt, wo personalisierte Tickets ohnehin keinen Unterschied machen.

Hinzu kommt, dass es für personalisierte Tickets aktuell keine interkantonale Vertragsgrundlage gibt: Für die Einführung müsste das sogenannte Hooligankonkordat angepasst werden. Sollten nicht alle Kantone die Anpassung übernehmen, droht ein Flickenteppich: Die beiden Basel haben bereits die 2012 revidierte Fassung des Konkordats abgelehnt. Sollten sich nun noch einmal einzelne Kantone gegen die personalisierten Tickets entscheiden, wären in der Schweiz gar drei verschiedene Versionen in Kraft. Das würde immerhin zur Kopflosigkeit der KKJPD passen.